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Kreativer Protest gegen Arbeitsbedingungen bei H&M (13.10.2017)

Kein Zufall: Es war bewusst ein Freitag, der 13., den die Initiative Roter Punkt und der Verein Arbeitunrecht auswählten, um vor und neben der H&M-Filiale in der Herforder Innenstadt gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in dem Modekonzern zu protestieren. Die Initiatoren hatten einen roten Teppich ausgelegt, Stühle und eine Lautsprecheranlage aufgebaut. Vor H&M verteilten die Veranstalter, unter ihnen viele Gewerkschafter, Flugblätter, die über die Arbeitsbedingungen informierten. Auf den Stühlen nahmen drei Kapitalisten der alten Schule Platz: Schwarze Anzüge, Zigarre, Sekt und gepflegte Langeweile wurden zur Schau gestellt. Der rote Teppich wurde zum kleinen Cat-Walk, auf dem Models eine Kollektion der Grausamkeiten vorstellten.

H&M ist ein riesiger Konzern. Der Umsatz lag 2016 bei über 23 Milliarden Euro, für dieses Jahr will H&M den Umsatz um bis zu 15 Prozent steigern. In Deutschland arbeiten rund 20.000 Beschäftigte in über 400 Filialen für H&M. Die beiden Eigentümer sind zugleich die reichsten Männer in Schweden. Der Gewinn für die Eigentümer im Jahr 2016 betrug 1,8 Milliarden Euro. Die Gewinnrate betrug damit sagenhafte 12 Prozent.

Zugleich werden die Rechte der Beschäftigten missachtet. Dazu zählt, dass die wenigsten Beschäftigten überhaupt einen Vollzeitvertrag haben, dies ist den Filialleitern und anderen Führungskräften vorbehalten.

Die Verkäuferinnen bekommen meistens Verträge mit einem kleinen Stundenkontingent, oftmals nur 10 Stunden. Sie müssen auf Abruf bereit stehen. Das kann bedeuten, dass sie in umsatzstarken Monaten etwa vor Weihnachten täglich im Geschäft stehen und im Januar zu Hause bleiben müssen – und in einem solchen Monat auch keinen Cent erhalten. Planbar ist das kaum, zumal zwischen dem Anruf, kommen zu müssen, und dem Arbeitseinsatz nur wenige Stunden liegen können. Die Flexibilität liegt einzig auf Seiten des Arbeitgebers, die Beschäftigten sind die Leidtragenden.

Organisieren die Beschäftigten in den Filialen ihre Interessen, dürfen sie auf wenig Verständnis setzen. In Berlin versuchte die Geschäftsführung gar, einen Betriebsrat abzusetzen, der sich geweigert hatte, Dienstpläne abzuzeichnen, die für eine andauernde extreme gesundheitliche Belastung der Kolleginnen und Kollegen gesorgt hätten. H&M scheiterte vor dem Arbeitsgericht, der Betriebsrat blieb im Amt. Anderenorts wurde Betriebsräten gekündigt oder ihre befristeten Arbeitsverträge wurden nicht verlängert. Wer sich im Betriebsrat engagiert, lebt bei H&M gefährlich.

Große Gewinne machen, die Beschäftigten schlecht stellen: Dazu passt, dass H&M in Deutschland kaum Steuern zahlt. H&M Deutschland sitzt offiziell in den Niederlanden. Dort müssen Holdings ausländischer Unternehmen fast keine Steuern zahlen.

Die ideale H&M-Verkäuferin aus Sicht des Managements sieht so aus:

  • Sie ist jederzeit verwendbar,
  • hat keine Kinder,
  • hat keine festen Beziehungen,
  • ist immer superfreundlich zu den Kunden,
  • gehorcht sofort und dankbar und mit strahlendem Gesicht allen Anordnungen des Store Managers,
  • braucht keine der vorgeschriebenen Ruhepausen,
  • arbeitet besonders gern am Samstag und Sonntag,
  • ist aus geheimnisvollen Gründen nicht auf das wechselnde H&M-Gehalt angewiesen,
  • duldet jede Rechtsverletzung des Arbeitgebers,
  • ist kein Gewerkschaftsmitglied,
  • wählt keinen Betriebsrat.